Uchtenhagen

Der Ortsteil Uchtenhagen stellt sich vor:

Foto: Ralf Engelkamp

Kirche in Uchtenhagen

Foto: Ralf Engelkamp

Friedhof in Uchtenhagen

Foto: Ralf Engelkamp

Ortseingang von Uchtenhagen

Uchtenhagen liegt etwa zwei Kilometer nördlich von Walsleben am südwestlichen Rand der Wischeniederung. Es ist das kleinste Dorf der Einheitsgemeinde Osterburg, welcher es als ehemaliger Ortsteil von Walsleben seit Juli 2009 angehört. Einst war Uchtenhagen ein typisches Wischedorf, heute ist die historische Struktur der abseits, aber sehr idyllisch gelegenen Ansiedlung aus nur wenigen kleinen Gehöften kaum noch zu erahnen. Sehenswert ist vor allem die vierteilige romanische Dorfkirche, die einen noch sehr ursprünglichen Eindruck vermittelt. Nicht zuletzt die Lage am Radrundkurs Altmark sorgt dafür, dass immer wieder historisch Interessierte den Weg nach Uchtenhagen finden. Auf dem von hohen Bäumen umgebenen, verwunschen wirkenden Friedhof erinnern alte Grabsteine an frühere „Gutsbesitzer“.


Von der Burg zum Rittergut, die Familien von Uchtenhagen und von Jagow

Vermutlich war auch die Burg Uchtenhagen im 10./11. Jahrhundert Teil der deutschen Grenzsicherung gegen die Slawen an der Uchte. Noch um 1865 waren Reste der früheren Burg - Gräben, Wälle und die Fundamente eines runden Turms - auf dem Gelände des damaligen Ritterguts erkennbar. Nach dieser Burg benannte sich ein ritterliches Geschlecht, das bereits 1243 in der Uckermark auftaucht und dort bis zu seinem Erlöschen zu Beginn des 17. Jhdts. nachweisbar ist. Offenbar ist der noch 1256 erwähnte altmärkische Familienzweig derer von Uchtenhagen bald darauf erloschen. Möglicherweise kehrten Teile der Familie um 1267 unter dem von der Burg Jagow in der Uckermark entlehnten Namen in die nordöstliche Altmark zurück und nahmen auch Uchtenhagen wieder in Besitz. Der Hauptsitz der altmärkischen Familie von Jagow war jedoch Aulosen (st. 1319). Daneben erwarb die Familie in der Folgezeit auch die Güter Calberwisch, Gehrhof, Krüden, Natewisch, Pollitz, Scharpenhufe und Stresow. Eine markgräfliche Schenkung an die Uchtenhagener Kirche im Jahre 1343 erfolgte zum „Seelenheil derer von Jagow“ - ein deutliches Indiz dafür, dass die Familie bereits damals im Besitz des dortigen adligen Hofs war - und für die Zeit um 1418/1420 ist ein Mitglied der Familie von Jagow auf Uchtenhagen urkundlich belegt. Im 16. Jhdt. gehörte das Gut in Uchtenhagen offenbar zu Aulosen. Nachdem Achatz von Jagow (1575-1627) die gesamten Güter der Aulosener Linie wieder in einer Hand vereinigt hatte, wurde der Besitz nach seinem Tod unter vier seiner sieben Söhne aufgeteilt, drei weitere erhielten Abfindungen. Das Uchtenhagener Gut - damals der kleinste der vier Anteile, fiel an den noch minderjährigen Gebhard (+ 1684), welcher es später in Besitz nahm und dort mit seiner Familie lebte. Zu Beginn des 18. Jhdts. gelangte das Gut Uchtenhagen an den von Jagow’schen Familienzweig auf Pollitz. Unter Wilhelm von Jagow (1770-1838) aus dem Hause Calberwisch wurde es schließlich mit den Besitzungen der Calberwischer Linie vereint, zu welcher es bis 1945 gehörte.


Die romanische Dorfkirche

Nachdem Burg und Gut heute im Ortsbild nicht mehr präsent sind, ist die romanische Dorfkirche der letzte bauliche Zeuge der mittelalterlichen Geschichte des Dörfchens. Den besonders qualitätsvoll ausgeführten Kirchenbau vom viergliedrigen Typus kennzeichnen ein kurzes, beinahe quadratisches Schiff, ein eingezogener, ebenfalls nahezu quadratischer Chor, eine halbrunde Apsis und ein schiffsbreiter Westquerturm mit einem Treppenaufgang innerhalb der Mauerstärke. Der Turm ist bis zur Höhe der Saaltraufe - ohne Baunaht zum Schiff - ebenfalls in Feldstein gemauert, die darüber liegenden Geschosse in spätromanischer Backsteintechnik. Besonders hervorzuheben sind die sorgfältig gearbeiteten Portale auf der Südseite von Schiff und Chor sowie die Rundbogen- und Winkelfriese am Turmobergeschoss. Eine weitere Besonderheit dieser Dorfkirche ist das mit Backstein eingewölbte Schiff. Aus der Zeit der baulichen Erneuerung in den Jahren 1720/21 stammen die barocken Fenstererweiterungen und im Innern ein prachtvoller Kanzelaltar.


Dorf und Gut vom 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

Um 1800 lebten in Uchtenhagen 93 Menschen, das Dorf zählte schon damals zu den kleineren Dörfern der Gegend. Neben dem Rittergut gab es nur vier Bauernhöfe und drei Einliegerhaushalte, welche zur Miete wohnten. Zwar hatte es neben dem Rittergut ursprünglich sechs Bauernhöfe in Uchtenhagen gegeben, bereits gegen Ende des 16. Jhdts. war jedoch jeweils einer an das Gut in Walsleben bzw. Uchtenhagen gelangt. Um 1840 wurden dann ein weiterer Ackerhof sowie die offenbar erst nach 1800 entstandene Kossatenstelle zum Uchtenhagener Gut geschlagen. Auf diese Weise wuchs die ohnehin vorhandene Dominanz des Guts weiter. Umfassten die steuerpflichtigen Liegenschaften im Gemeindebezirk Uchtenhagen zu Beginn der 1860er Jahre gut 572 Morgen, so gehörten zum Gutsbezirk knapp 937 Morgen und damit 62 Prozent des gesamten Grundbesitzes im Dorf. Allerdings lag der Reinertrag pro Morgen auf dem Gut etwas unter dem der Bauernhöfe - eine eher ungewöhnliche Konstellation. Auch die Bevölkerungsentwicklung verlief in Uchtenhagen anders als in den meisten Dörfern der Gegend, wo es allgemein im 19. Jhdt. zu einem erheblichen und beinahe stetigen Anstieg der Einwohnerzahlen kam, welcher meist von einem Siedlungsausbau begleitet wurde. Im kleinen Uchtenhagen war demgegenüber die Einwohnerzahl starken Schwankungen unterworfen (1801: 93; 1818: 124; 1840: 100; 1854: 71, 1865: 85; 1885: 116; 1895: 76). Dies setzte sich in der ersten Hälfte des 20. Jhdts. - allerdings in etwas geringerem Maße - fort (1912: 60; 1925: 76; 1936: 70). Einen Siedlungsausbau, wie er andernorts vor allem im 19. Jhdt. durch Schaffung sogen. Grundsitzerstellen erfolgte, gab es in Uchtenhagen nicht. Dennoch war im 19. Jhdt. auch in Uchtenhagen eine Ziegelei errichtet worden, welche bis um die Wende zu 20. Jhdt. existierte und einem Teil der Uchtenhagener Einwohner Lohn und Brot gab. Die Schwankungen der Einwohnerzahl in Uchtenhagen waren nicht allein auf den von der Bewirtschaftung abhängigen wechselnden Arbeitskräftebedarf des zeitweise verpachteten Guts zurückzuführen, sondern lassen sich auch für das eigentliche Dorf feststellen und hängen vermutlich mit den schwierigen ökonomischen Bedingungen zusammen, welche vor allem für die Wischedörfer im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jhdts. kennzeichnend waren und zu zahlreichen Verkäufen sowohl von Gütern als auch Bauernhöfen führten. Auch in Uchtenhagen wechselten zwei der drei verbliebenen Höfe bereits um die Mitte des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jhdts. den Besitzer. Der zweitgrößte Bauernhof (65 ha) wurde 1929 aufgeteilt und die Flächen an Landwirte in Uchtenhagen und Düsedau verkauft. Offenbar entstand jedoch durch Aufteilung des ehemaligen Lehnguts ein neuer Hof. Um 1945 umfassten die Uchtenhagener Ackerhöfe etwa 80, 30 und 20 Hektar.

Der Uchtenhagener Gutsbetrieb bewies demgegenüber Kontinuität. Er bewirtschaftete um 1913 242 Hektar, darunter 147 ha Acker- und 24 ha Grünland und war mit dem des Hauptguts Calberwisch (428 ha) vereinigt. Hinsichtlich der Viehwirtschaft dominierte auf den vereinten Gütern die Rinderhaltung (200 Tiere, davon 120 Kühe). In den folgenden Jahren wurde diese weiter ausgebaut (1922: 293 Rinder) und durch eine bedeutende Schaf- und Schweinehaltung (1922: 274 bzw. 89 Tiere) ergänzt. Dennoch hatte auch der vereinigte Gutsbetrieb schwer unter der schwierigen Wirtschaftslage der ausgehenden 1920er und beginnenden 1930er Jahre zu leiden und musste 1932 wie viele andere auch das sogen. „Sicherungsverfahren der Osthilfe in Anspruch“ nehmen.


Entwicklung während der Nachkriegszeit und in der DDR

Der Zweite Weltkrieg, seine unmittelbaren Folgen und die politischen Umwälzungen der Nachkriegsjahre stellten auch für Uchtenhagen einen tiefen Einschnitt in der Entwicklung des Dorfes dar. Zunächst galt es wie allerorts, Evakuierte, Kriegsflüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten und dem Sudetenland unterzubringen. Dadurch stieg die Einwohnerzahl zeitweilig von 70 (1936) auf 104 (Oktober 1946), d. h. um mehr als 48 Prozent. Das Uchtenhagener Gut, welches damals wie auch Calberwisch der Freifrau von Patow, verw. von Jagow, gehörte, wurde im Zuge der Bodenreform vom Herbst 1945 enteignet und aus dessen Grundbesitz elf Voll- und eine Kleinsiedlerstelle geschaffen. Einige wenige Neubauerngehöfte entstanden, größtenteils wurden jedoch wie vielerorts die vorhandenen Gutsgebäude umgenutzt. Die 1950er Jahre standen ganz im Zeichen der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft. Bereits 1952 wurde die erste LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) gegründet, welche sich jedoch nur ein Jahr halten konnte. 1953 flüchtete die Bauernfamilie mit dem größten Hof in die Bundesrepublik, so dass neben den Neusiedlern nur noch zwei Bauernhöfe verblieben. 1954 traten die Uchtenhagener der 1952 in Walsleben gegründeten LPG bei. Bereits 1950 war die Eingemeindung nach Walsleben erfolgt. Die weitere Entwicklung des Dörfchens war nun durch die enge Verbindung zu Walsleben geprägt. So erhielt Uchtenhagen 1958 durch den langersehnten Straßenausbau nach Walsleben endlich auch eine bessere Verkehrsanbindung.


Entwicklung seit der politischen Wende von 1989/90

Neben der lang ersehnten Demokratie und Freiheit brachte die politische Wende von 1989/90 wie allerorts auch erhebliche Umbrüche im Alltagsleben mit sich. Der drastisch gesunkene Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft, den gewerblichen Betrieben, aber auch öffentlichen Einrichtungen der näheren und weiteren Umgebung führte zunächst auch in Uchtenhagen zu hoher Arbeitslosigkeit. Dies beschleunigte die bereits in den 1970/80er Jahren begonnene negative demografische Entwicklung zusätzlich. Hatte die Gemeinde Walsleben (mit Uchtenhagen) 1987 noch 578 Einwohner gehabt, so waren es 1991 518, 2005 nur noch 465 und 2015 insgesamt 401. In knapp 30 Jahren verloren beide Dörfer insgesamt somit fast ein Drittel ihrer Bevölkerung. Bereits 1993 lebten in Uchtenhagen nur noch 18 Personen.


Text: Corrie Leitz (Historikerin)
Diese Ortsbeschreibung wurde mit freundlicher Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt im Rahmen des Tourismusprojektes 2015-2017 erstellt.